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Schweizer Blasmusik-Dirigentenverband

Gehörschutz: Die Antworten des BAG

24. Oktober 2019
von Theo Martin

Martin Scherer, Präsident des Seeländischen Musikverbands, hat dem Bundesamt für Gesundheit Fragen zur ziemlich geheim gehaltenen neuen Gehörschutz-Verordnung gestellt.

Die Fragen wurden beantwortet von

Raphael Elmiger, Stv. Sektionsleiter Abteilung Strahlenschutz , Sektion Nichtionisierende Strahlung und Dosimetrie
Eidgenössisches Departement des Innern EDI, Bundesamt für Gesundheit BAG, Direktionsbereich Verbraucherschutz

 

1) Gibt es Erfahrungswerte, welche Blasmusikorchester/-vereine (Kleinformation/Kapelle/Harmoniemusik/Brass Band/Guggenmusik) einen mittleren Schallpegel von 93 dB(A) erreichen und somit die neuen Auflagen erfüllen müssen?

Das BAG ist aktuell daran Blasmusikvereine, Kinderkonzerte und klassische Orchester zu messen, um Erfahrungswerte zu sammeln und diese später auf der BAG-Webseite publizieren zu können. Wer an einer solchen Messung interessiert ist, kann sich beim BAG melden (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.). Die Kapazitäten sind jedoch beschränkt. Die Messung ist kostenlos und zieht keine Vollzugsmassnahmen mit sich. Die weitere Auswertung der Messwerte beim BAG verläuft anonymisiert.

Was aus früheren Messungen bereits fest steht: Guggenmusiken überschreiten ein Stundenmittel von 93 dB(A). Bei klassischen Konzerten erwarten wir eher tiefere Stundenmittel, da diese eine hohe Dynamik aufweisen.

2) Wer kann solche Messungen für Vereine durchführen? Gibt es allenfalls sogar Apps, die für eine solche Messung ausreichen?

Smartphone-Apps empfehlen wir nicht, da diese sehr ungenau sind. Es gibt die Möglichkeit gute Messgeräte auszuleihen oder einen Tontechniker mit einer Messung zu beauftragen. Es sollte ein Messgerät der Genauigkeitsklasse 2 oder höher verwendet werden. Eine Arbeitsgruppe aus Vertretenden der nationalen Branchenverbände, Fachspezialistinnen und Spezialisten aus der Tontechnik sowie Akustik und Bildungsinstitutionen haben zur Messmittelwahl eine Empfehlung veröffentlicht: https://www.bag.admin.ch/dam/bag/de/dokumente/str/schall/messmittel_empfehlung.pdf.download.pdf/Branchenempfehlung_Veranstaltungstechnik_Schweiz_V1_5.pdf

 

3) Was muss ein Laie unter diesem mittleren Schallpegel (LAeq1h) verstehen?

Der LAeq1h (auch äquivalenter Dauerschallpegel genannt) ist ein Mass für die durchschnittliche Schallbelastung während einer Stunde.

Bei der Beurteilung von Schall werden verschiedene Komponenten in Betracht gezogen. Dabei spielen nicht nur die Intensität des Schalls, sondern auch seine Dauer und Häufigkeit eine wichtige Rolle. Beim LAeq1h wird der über eine Stunde an einem bestimmten Ort gemessene Schallpegel auf ein vergleichbares Dauergeräusch umgerechnet. Der Hauptvorteil des energieäquivalenten Dauerschallpegels ist, dass damit ein zeitlich schwankendes Schallereignis mit einer einzigen Beurteilungsgrösse charakterisiert werden kann.

 

4) Ein Verein gibt ein Konzert und im Anschluss legt ein DJ Musik auf. Wird der Anlass damit meldepflichtig?

Wenn der DJ mit einem mittleren Schallpegel von 93 dB(A) oder höher auflegen möchte: Ja. Bei Discos wird ein mittlerer Schallpegel von 93 dB(A) übrigens schnell überschritten.

 

5) Ein Verein veranstaltet eine Chilbi und am Abend macht ein DJ Stimmung. Muss diese Veranstaltung gemeldet werden?

Siehe unter 4)

 

6) An einem Konzert wird eine (unverstärkte) Harmoniemusik bei "Smoke on the water" mit einer elektrischen Gitarre begleitet. Gilt dieses Konzert nun als Veranstaltung mit elektroakustisch verstärktem Schall?

Theoretisch ja, aber in der Praxis nein. Keine Vollzugsbehörde wird Massnahmen ergreifen oder eine Meldung verlangen weil beim sonst akustischen Konzert eine elektrische Gitarre vorkommt.

 

7) Was passiert, wenn ein Verein am Konzert doch über 93 dB(A) kommt und keine Vorkehrungen getroffen hat?

Missachtet eine Veranstalterin oder ein Veranstalter die Vorschriften der V-NISSG, kann das kantonale Vollzugsorgan die nötigen und verhältnismässigen Verwaltungsmassnahmen gestützt auf Art. 9 NISSG und auf kantonales Verfahrensrecht anordnen und durchsetzen. In kantonalen Erlassen können weitere Massnahmen vorgesehen werden. Der Veranstalter kann mit einer Busse bestraft werden.

 

8) Können irgendwo vorgefertigte Plakate mit den nötigen Orientierungen (wie beim Jugendschutz) heruntergeladen/bezogen werden?

Das BAG stellt kostenlos Plakate zur Verfügung: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesetze-und-bewilligungen/gesetzgebung/gesetzgebung-mensch-gesundheit/gesetzgebung-niss/schall-dokumente-zum-bestellen.html

Es können auch eigene Plakate gemacht werden. Wichtig ist eine Information über die Gefährdung des Gehörs. Dezibel-Werte müssen nicht auf das Plakat.

 

Weitere Informationen sind zu finden auf: https://www.bag.admin.ch/schall

Interview mit Martin Scherer

Größe: 1.94 mb