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Schweizer Blasmusik-Dirigentenverband

Emilie Chabrol setzt zum Karrieresprung an

19. September 2022
von Theo Martin

Die in der Region Basel tätige Emilie Chabrol ist die beste Nachwuchsdirigentin der Schweiz. Die Klangmalerin hat den 10. Schweizerischen Dirigentenwettbewerb in Suhr als erste Frau den ersten Preis gewonnen.                                            .

Spielt ein Orchester tatsächlich unterschiedlich je nach Dirigentin oder Dirigent? Verändert sich Ausdrucksweise und Temperament der Musikerinnen und Musiker? Um solche Fragen ist es am 10. Schweizerischen Dirigentenwettbewerb in Suhr gegangen. Der Wettbewerb ist ein Garant für eine Karriere in der Blasmusik, wie der Werdegang früherer Preisträger zeigt.

Alle Entscheidungen der dreiköpfigen Jury fielen einstimmig: Die Siegerin 2022 heisst Emilie Chabrol. Erstmals hat damit eine Frau den Anlass gewonnen. Die aus Chambéry stammende und heute in der Region Basel tätige Dirigentin überzeugte durch ihre präzise und intensive Orchesterarbeit. Ihre Stärke ist die Gestaltung lyrischer Passagen – wie im Finalwerk «Skies» von Oliver Waespi. Der Bündner Gaudens Bieri gewann den zweiten und der Berner Boris Oppliger den dritten Preis.

Breites Mittelfeld

Die Preise werden nur vergeben, wenn die hohen Anforderungen der Jury (Carlo Balmelli, Annick Villanueva und Chiara Vidoni) erfüllt werden. Jurypräsident Balmelli sprach unmittelbar nach dem Wettbewerb von einem breiten Mittelfeld und einer schmalen Spitze. Allerdings sei niemand abgefallen. Die Jury hat sich wegen ihrer Musikalität für Chabrol entschieden. Auch Technik und Orchesterkontakt seien hervorragend. Balmelli lobte zudem an der Rangverkündigung den respektvollen und kollegialen Umgang unter den Teilnehmenden.

Siegerin Emilie Chabrol hatte unmittelbar nach der Rangverkündigung Mühe zu begreifen, was der Sieg für ihre Karriere bedeutet. Auf jeden Fall sei der Preis ein guter Lohn für die vielen Stunden im stillen Kämmerlein. Nachdem die französisch sprechende Dirigentin 2019 den Halbfinal erreicht hat, ist sie nun nach eigenen Angaben viel erfahrener. Die Probe mit dem Finalorchester habe ihr unglaubliches Vergnügen bereitet, sagte sie nach dem Wettbewerb.

So kam es zu einem guten Abschluss, waren doch die vier Tage für Chabrol insgesamt recht stressig. Auf der Bühne zu stehen, Kontakt mit den Orchestern zu halten und die Musik zum Leben zu erwecken sei eine grosse Herausforderung. Die Auszeichnung will Chabrol für weitere Projekte nutzen. Geplant ist ein weiterer Meisterkurs mit Johannes Schläfli. Zudem wird Chabrol Produktionsleiterin der Opernproduktionen an der Hochschule für Musik in Basel, wo sie sich um Musik, Noten, Kostüme und vieles mehr kümmern wird.

Der Schweizerische Dirigentenwettbewerb wurde vor 30 Jahren ins Leben gerufen und wird seit damals im gleichen Modus durchgeführt. Ziel war und ist, junge, motivierte und talentierte Dirigentinnen und Dirigenten zu fördern. Bewertet werden unter anderem Probenarbeit, Dirigiertechnik, Interpretation, Orchesterkontakt, Musikalität und der Gesamteindruck.

Anspruchsvolle Ausscheidung
Für die zehnte Austragung hatten sich 18 Kandidatinnen und Kandidaten angemeldet und in insgesamt vier Runden ein anspruchsvolles Programm zu bewältigen. Die zehn von der Musikkommission zugelassenen Dirigentinnen und Dirigenten probten in der Vorrunde während 20 Minuten ein dem Blasorchester Baden Wettingen unbekanntes Werk.

Im Halbfinal hatten noch sechs Kandidatinnen und Kandidaten die Möglichkeit, heikle Stellen in einem der Brass Band Emmental bekannten Werk zu proben und dieses konzertant aufzuführen. Im Final schliesslich studierten die drei Finalisten während je 45 Minuten eine dem Sinfonischen Blasorchester Bern (Sibo) bekannte Komposition mit höchsten Anforderungen ein, die dann am Galakonzert aufgeführt wurde.

Der Wettbewerb ist auch für die Orchester eine Herausforderung, weil die Teilnehmenden die einzelnen Stellen unterschiedlich interpretieren. Alle drei haben aber ihre Aufgabe hervorragend gelöst. Für die Dirigentinnen und Dirigenten stellt sich – nebst den hohen fachlichen Herausforderungen – die Frage, wie sie die Spannung im Orchester aufrechterhalten. Ein kurzes Nicken für einen Einsatz, ein Lächeln nach einem gelungenen Solo oder ein Witzchen vor dem Start zeigen, ob eine Kandidatin oder ein Kandidat über der Sache steht.

Die zehnte Austragung des Dirigentenwettbewerbs war ein voller Erfolg. Alles klappte reibungslos, wie Jury, Zuschauer und Kandidaten einhellig bestätigten. Die Resonanz auf den Wettbewerb ist jeweils gross, werden doch die Resultate von mehreren zehntausend Personen heruntergeladen. Schwieriger ist es mit der monetären Unterstützung, wie Musikkommissionspräsident Christian Noth ausführte. So bleibt zu hoffen, dass es die finanzielle Lage des Vereins Schweizerischer Dirigentenwettbewerb zulässt, in drei Jahren wieder eine solche Plattform für junge Dirigentinnen und Dirigenten zu organisieren.

Kurzporträt

Emilie Chabrol hat einen Master in Blasorchesterdirektion der Hochschule für Musik Basel (Felix Hauswirth), einen Master of Arts in Musikpädagogik (Saxophon, Marcus Weiss, Martin Neher, Felix Hauswirth) und ist CAS-Absolventin (Certificate of advanced Studies, Iwan Wassilevski et Christof Brunner) in Orchesterleitung an der Zürcher Hochschule der Künste. Aktuell arbeitet sie als Saxophonlehrerin an der Yamaha Music School Zürich und ist Dirigentin der Union Musicale de Delémont.

Chabrol stammt ursprünglich aus der Region Chambéry. Sie hat einen Ersten Preis für Saxophon im Concours d'Excellence de la Confédération Musicale de France gewonnen, tritt mit verschiedenen Ensembles auf, hat Meisterkurse besucht und als Dirigentin bereits erfolgreich an Wettbewerben teilgenommen. Seit August 2021 ist sie Produktionsleiterin der Oper "La Cenerentola" von Rossini an der Hochschule für Musik Basel.

Rangliste
1. Preis: Emilie Chabrol (Basel und St. Louis)
2. Preis: Gaudens Bieri (Trimmis)
3. Preis: Boris Oppliger (Bern)

Den Halbfinal bestritten ausserdem Marius Brunner (Luzern), Jonas Danuser (Bern) und Michael Wyss (Bern).

 

Bilder: zvg/GianAndrea Müller, Mattia Müller

 Gaudens Bieri

 Boris Oppliger

 

 

 

 


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