Schweizer Blasmusik-Dirigentenverband
BDV-Seminar 2025 – Dirigentinnen im Fokus
Hier der Bericht unseres Vizepräsidenten Ernst May. Die Bilder hat Vorstandsmitglied Isabelle Gschwend gemacht.
Zu Besuch in der Ostschweiz
Das BDV-Seminar 2025 fand am 27. September im Gebäude der Mehrzweckhalle Wees in Au SG statt. Seit langem war der BDV somit wieder einmal in der Ostschweiz zu Gast und die beiden Organisatorinnen des Anlasses, Isabelle Gschwend und Katja Weber, konnten im Probelokal des Musikvereins Konkordia Au knapp 40 Teilnehmende zur diesjährigen Weiterbildung begrüssen.
Stefanie Tschupp:
«Finanzen im Takt: Selbstwert, Verhandlung und Erfolg für Dirigentinnen»
Die Finanzpsychologin Stefanie Tschupp legte in ihrem Referat dar, wie entscheidend es ist, sich des eigenen Werts bewusst zu werden. In einem Bewerbungsverfahren haben nebst Ausbildung und Technik Faktoren wie Führungsqualität, Gestaltungskraft, Vermitteln eines emotionalen Erlebnisses usw. eine ausschlaggebende Bedeutung. Diese müssten im Selbstbild gestärkt werden und in Lohnverhandlungen ins Feld geführt werden. «Das eigene Profil ist ein einzigartiges Profil», sagte Stefanie Tschupp und wies darauf hin, dass Honorare nicht nur den Aufwand, sondern auch den Wert der Tätigkeit widerspiegeln müssen. Der USP (Unique Selling Proposition) als Alleinstellungsmerkmal, welches einen von der Konkurrenz abhebt, sei eine Schnittmenge der Faktoren Stärken, Erfahrung und Wirkung.
In diesem Zusammenhang flammte auch kurz eine Diskussion über die (anscheinend teilweise zu niedrigen) Gehaltsempfehlungen des BDV auf. Da die finanziellen Möglichkeiten vieler Vereine aber limitiert sind, schlägt Stefanie Tschupp vor, nebst dem Honorar noch sogenannte Benefits z.B. in Form von Spesenregelungen oder gewissen Diensterleichterungen etc. auszuhandeln.
An diesem Thema wird der BDV sicher dranbleiben: Dass aber nebst «Ausbildung, Erfahrung und Zeit gegen Geld» eben auch «Wert gegen Geld» entscheidend ist, hat die Referentin eindrücklich dargelegt. Wer so vorgeht, erlangt in Verhandlungen mehr Respekt!
Hildegard Schön:
«Leadership als Dirigentin – sich selbst und andere erfolgreich führen»
In ihrem fulminanten Referat knüpfte die profilierte Dirigentin, Dozentin und Mentorin nahtlos an die Thematik des ersten Referats an. Die Beantwortung der Frage «Wer bin ich?» führe zum «Selbst-bewusst-sein», welches zusammen mit der persönlichen Energie Authentizität ergibt. Dirigieren ist Führen, und nur als authentische Personen können wir führen: Imitierte Dirigierbewegungen beispielsweise lassen uns lächerlich erscheinen und unbefriedigt zurück.
Hildegard Schön empfiehlt, sich mit unseren zum Teil unterbewussten Glaubenssätzen auseinanderzusetzen, diese aufzuspüren und zu verändern: «Was ich glaube, bestimmt meine Realität» ist ein Kernsatz ihres Referats, denn «Wir erschaffen uns unsere Welt selbst» …
Neue Literatur von Gauthier Dupertuis
Nach der Mittagspause stellte der junge Westschweizer Komponist mit viel Charme und Esprit eine Reihe von Werken vor, welche er in den letzten Jahren erschaffen hat. Mit klingenden Beispielen und Einblicken in die Partituren konnte man die erstaunliche Vielfalt seiner Kompositionen kennenlernen: Die vorgestellten Eröffnungsstücke, Konzertmärsche, sinfonischen Dichtungen und Ouvertüren zeugten von grosser Kreativität, profunder Auseinandersetzung mit dem Material, vielfältigem Stilbewusstsein und musikalischem Humor.
Dirigierworkshop mit Isabelle Ruf-Weber
Vier Kursteilnehmende, welche in einem Auswahlverfahren bestimmt wurden, hatten nun die Gelegenheit, im Workshop mit der erfahrenen Dirigentin, Musikpädagogin und Jurorin Isabelle Ruf-Weber an ihren Fähigkeiten zu feilen und wertvolle Inputs zu ihrem Schaffen zu erhalten.
Als Workshop-Orchester stellte sich der glänzend aufgestellte und bestens motivierte Musikverein Konkordia Au zur Verfügung.
Da alle auftretenden Kandidatinnen und der einzige Kandidat bereits über Dirigierfähigkeiten von hohem Niveau und beträchtliche Erfahrungen verfügten, konnte Isabelle Ruf-Weber sehr dezidierte und pointierte Anweisungen und Feedbacks geben.
Hauptpunkte ihrer Rückmeldungen waren der Kontakt zum Orchester («Nicht nach dem allerersten Schlag schon den Kopf in die Partitur stecken!») die Bedeutung der Mimik, die Formulierung von knappen, aber stets positiven Kommentaren und Anweisungen sowie das Vorgehen, sich energetisch mit dem Schlag auszudrücken, nicht mit dem ganzen Körper. Wir alle hätten die Tendenz, beim Arbeiten mit dem Orchester zu viel zu sprechen; besser würde man diese Zeit für das Proben nutzen.
Mit ihrer empathischen, humorvollen Art konnte Isabelle Ruf-Weber dank ihrer riesigen Erfahrung in kürzester Zeit auf die Schwächen und Stärken der Dirigierenden eingehen und diesen somit äusserst wertvolle Hinweise für die Weiterentwicklung ihres Könnens geben.
Du uns Zuschauenden und Zuhörenden wurde wieder einmal bewusst, dass die Arbeit an sich selbst nie aufhört und dass z. B. ein Coaching wichtige Impulse, aufbauende Kritik und stärkende Inputs für das persönliche Schaffen liefern könnte. An dieser Stelle sei die Inanspruchnahme des Coaching-Angebots des BDV bestens empfohlen …
So ging ein abwechslungsreiches, spannendes, lehrreiches und unterhaltsames Seminar zu Ende. Der Dank für das Ermöglichen dieses Anlasses geht an alle Dozentinnen und Dozenten, den Musikverein Konkordia Au und an die Co-Organisatorinnen Isabelle Gschwend und Katja Weber für ihre riesige Arbeit: Sie haben das Setting dieser Weiterbildung vorbereitet, eine grossartige Infrastruktur bereitgestellt, für die wunderbare Verpflegung gesorgt und den Ablauf stets im Griff gehabt. Es hat sich gelohnt, ungewohnte Themen auf den Tisch zu bringen und damit die wachsende Anzahl von Dirigentinnen anzusprechen, welche glücklicherweise auch immer mehr den Weg in unseren Verband finden.

von links: Valerija Bernikova, Céline Pellmont, Isabelle Ruf-Weber (Leitung Dirigier-Workshop), Aliaksei Shablyka, Emilie Chabrol, Hildegard Schön (Referentin), Isabelle Gschwend (Co-Organisatorin), Gauthier Dupertuis (Komponist)

Isabelle Ruf-Weber am Dirigier-Workshop.

Ein Teilnehmer während des Dirigier-Workshops.

Gauthier Dupertuis hat seine Kompositionen vorgestellt.

Stefanie Tschupp

Hildegard Schön

BDV-Vorstandsmitglied Katja Weber stellt Gauthier Dupertuis vor.

Gauthier Dupertuis
