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Schweizer Blasmusik-Dirigentenverband

Wie kann man den Frauenanteil in der Blasmusik erhöhen?

14. September 2023

Am Festival aVENTura ging es auch um Frauenförderung. Auf dem Podium waren sich die drei engagierten Dirigentinnen einig: Männer müssen Türöffner sein.

Unter Leitung von Stéphane Delley diskutierten Isabelle Gschwend, Monika Schütz und Emilie Chabrol zum Thema “Maestras in der Schweizer Blasmusikszene”.

Sie diskutierten über Maestras in der Schweizer Blasmusik (von rechts): Isabelle Gschwend, Monika Schütz, Emilie Chabrol und Diskussionsleiter Stéphane Delley. (Bilder: RSfilm/Schweizer Blasmusikverband)

 

Monika Schütz sagte, sie habe ausbildungsmässig keine Nachteile erlebt – allerdings war sie bisher oft die einzige Frau. Heute jedoch habe es in den Dirigierkursen viele Frauen. Sie selber sei mit dem Gefühl aufgewachsen, dass alles möglich ist. 

Gibt es Nachteile im Vergleich zu einem Mann? Isabelle Gschwend findet, es sei kein Unterschied, ob ein Mann oder Frau vor dem Verein steht. Musikalisch gebe es keine Unterschiede, wohl aber bei der Zusammenarbeit. Gelegentlich frage sie sich: Erlebe ich  das nur als Frau? Oder hätte das auch ein Mann erlebt. Das belaste sie manchmal. Subtil sei das Gefühl der Benachteiligung immer noch vorhanden, wenn auch nicht immer.

Schütz betonte die Wichtigkeit der Organisation. Es brauche ein Umfeld, das helfe, alles zu stemmen – beispielsweise als Mutter. Wenn sie etwa als Dirigentin an drei aufeinanderfolgenden Wochenenden unterwegs ist, brauche es Babysitter und einen Mann, der sie unterstützt.

Emilie Chabrol findet, ein Mann habe viel früher Erfahrungen sammeln können. Grundsätzlich sei die Situation in Frankreich ähnlich, findet die Siegerin des letzten Dirigentenwettbewerbs. Eine Stelle zu kriegen, sei immer möglich, findet Schütz. Es gehe aber auch darum, zu leisten, was erwartet werde. Bei Jugendmusiken sei es schwierig, eine Stelle in einem höherklassigen Orchester zu finden. Gschwend hat auch schon erlebt, dass sie zwar besser qualifiziert ist, aber ein starker Mann gewählt wurde, weil der angeblich den Verein führen könne.

Emilie Chabrol (links) und Monika Schütz.

 

Können die Maestras den Verein anders leiten? Chabrol schätzt die Betonung der  Unterschiede nicht. Eine Frau müsse nicht sensibler sein als ein Mann. Auch Schütz glaubt nicht an Unterschiede. Sie kennt Frauen, die wie Eis sind und sie kennt auch sehr feinfühlige Männer. Gschwend findet es ein paradox zu erwarten, dass eine Frau sehr emotional dirigiert. 

Ein Beispiel: Wählen die Dirigentinnen die Literatur anders aus? Man habe das gleiche Repertoire zur Verfügung, findet Chabrol.

In der Wirtschaft gibt es inzwischen oft ein Verhältnis 50:50 und Quoten. Schütz findet, niemand wolle Quotenfrau sein. Lieber werde sie aufgrund ihrer Qualifikation ausgewählt. Es brauche aber die Diskussion. Wenn sich etwas bewegen soll, müsse das Thema in die Wahrnehmung der Öffentlichkeit gelangen. Chabrol findet den Weg zur Gleichberechtigung noch lang.

Gschwend findet ebenfalls, es solle mehr Frauen geben. Es brauche aber auch die Unterstützung der Männer. Schütz findet, Männer müsste die Türöffner sein und auch mal eine Dirigentin portieren. “Wie soll man Netzwerk betreiben, wenn man praktisch allein ist?”, fragte sie. Die Männer müssten auch wollen, dass mehr Frauen dirigieren.

Isabell Gschwend.

 

Die Reduzierung auf das Frauenthema verletzte sie, sagte Chabrol.

Wie kann man Dirigentinnen sichtbar machen und den Frauenanteil erhöhen? Schütz sieht an erster Stelle den Willen, dass es mehr Frauen braucht. Jeder könne an seiner Stelle mithelfen und dafür sorgen, dass die Frauen überall vertreten sind. So heisse es im Zürcher Blasmusikverband nun Dirigierkurs und nicht mehr Dirigentenkurs. Wenn es mehr Frauen in der Militärmusik gebe, habe das auch mit der Strategie von Viola Amherd und ihrer Frauenförderung zu tun. 

Zu den (fehlenden) Komponistinnen sagte Schütz: Holen wir sie. Wichtig sei auch, dass Frauen in Verbänden tätig sein könnten, findet Gschwend. Sie werde inzwischen angefragt als Expertin. So könne sie das ausüben, was sie gelernt hat. Schütz hat sich für das kantonale Musikfest das Ziel gesetzt, in jeder Jury mindestens eine Frau zu portieren. Viele Frauen zögerten aber mit der Zusage, weil sie diese Arbeit noch nie gemacht haben. Es brauche deshalb eine gute Begleitung, verlangt Schütz.

Was können wir tun für die Förderung der Dirigentinnen? Die Sichtbarkeit erhöhen, sagte Schütz. Es brauche Mut und Durchsetzungsvermögen. Auch Mädchen müssten Solos spielen können. Das habe alles Ausstrahlung. Schon Jugendblasorchester und Musiklager sollten die weiblichen Talente fördern, empfahl Gschwend. aVENTura sei dafür ein gutes Beispiel, fand Chabrol.

Würde sie etwas anders machen, wenn sie nochmals beginnen könnten, fragte Stéphane Delley abschliessend? Emilie Chabrol würde einzig mit dem Dirigieren etwas später beginnen. Monika Schütz würde nicht viel anders machen – ausser früher Klavier zu spielen. Isabelle Gschwend, die zuerst auf das Lehrdiplom gesetzt hat, würde sich früher getrauen, den Weg der Musik zu gehen.

 

 

(Bilder: RSfilm/Schweizer Blasmusikverband)