Mit dem Thema «Konzert» ist in Huttwil die Seminarreihe «In Concert» erfolgreich zu Ende gegangen. Dank der finanziellen Unterstützung durch den BDV haben die Kursteilnehmer von Bandleader Christoph Walter eine Vielzahl an Tipps und Tricks erfahren.
In der Dirigentenausbildung übt man Schlagtechnik und Partiturspiel, man büffelt Harmonie- und Formenlehre, Literaturkunde, Musikgeschichte und so weiter, lernt aber wenig bis gar nichts über Bühnenpräsenz resp. «Stage Performance».
Wer bin ich?
Mit Fragen wie «Wie erreiche ich Sicherheit beim Auftreten vor Publikum?», «Wer bin ich?», «Was kann ich?» oder «Wo sind meine Stärken und Schwächen?» werden junge Dirigentinnen und Dirigenten oft allein gelassen. Nur die Beantwortung dieser Fragen ermöglicht es ihnen, eine Persönlichkeit oder eine Marke, ein «Brand» zu werden.
Mit dieser Ausgangslage startet der Referent Christoph Walter den sechsten und letzten Teil der Seminarreihe «Feel the Beat».
Der Schock der Video-Aufnahme
Er empfiehlt, einmal bei einer Probe oder einem Konzert eine Videoaufnahme zu machen. Nach dem ersten, heilsamen Schock könne man nun gezielt an der Verbesserung des Auftretens arbeiten, und zwar am eigenen und an demjenigen des Orchesters.
Folgende Punkte liegen in der Verantwortung des Dirigenten:
1. Konzertplanung
Der Ablauf muss vom ersten bis zum letzten Ton inkl. Zugaben, Ansagen, etc. durchgeplant sein: Genaue «Minutage» und einen Regieplan erstellen!
2. Ausstrahlung des Orchesters
Von der Bühne muss ein Lächeln, z.B. bei der Entgegennahme des Applauses, oder gar ein Strahlen und viel Sympathie in den Saal strömen: Man muss das Publikum lieben!
3. Dramaturgie
Die Stückwahl, die Unterbrechungen (Reden, Verdankungen, Ansagen, etc.) müssen einer präzisen Dramaturgie folgen. Steigerungen, Höhepunkte und Beruhigung des Geschehens bieten nicht nur einen spannenden Verlauf des Konzerts, sondern dienen auch der Lenkung des Publikums. Profis z.B. überlassen nichts dem Zufall....
4. Zusammenarbeit mit Musikkommission
Auch wenn eine Muko kreative Ideen bezüglich Stückwahl und Showelementen liefert: Der Dirigent muss der Chef bleiben und die Muko im Griff haben, nicht umgekehrt.
5. Stückwahl
Mit bekannten Hit-Nummern kann fast nichts schiefgehen: Sie kommen gut an, auch wenn sie schlecht gespielt werden. Deshalb: Auch unbekannte Stücke auswählen und diese sauber und präzise einstudieren und performen; die breitgewalzten Pfade verlassen.
6. Programmdruck
Das Programm muss grafisch professionell gestaltet sein und soll auf den Abend «gluschtig» machen. Auch da: Texte genauso aufmerksam lesen wie die Noten. Wenn schon Komponisten- oder Stücknamen falsch geschrieben sind, was erwartet mich dann als Zuhörer bezüglich des Notentextes?
Einfach, aber effektvoll
Nach diesen theoretischen Einführungen demonstriert Christoph Walter mit der Stadtmusik Huttwil, welche für diesen Seminarmorgen gewonnen werden konnte, wie aus der reinen Aneinanderreihung von Stücken mit einfachen, aber effektvolllen Massnahmen ein mitreissender, unterhaltsamer Showblock gestaltet werden kann.
Dies kann ein Auftritt des Dirigenten aus dem Off mit Schlagzeug- und Bassunterstützung, ein effektvolles Intro (warum nicht auch an einem Unterhaltungskonzert aus einem klassischen Werk?) oder eine Brücke des Schlagzeugs zwischen den Nummern sein.
Es können Kürzungen der Stücke, Uminstrumentierungen oder eine veränderte Sitzordnung sein. Ebenso sorgt Bewegung auf der Bühne immer für Abwechslung (Solisten stehen oder kommen an die Rampe).
Es braucht Sicherheit
Entscheidend sind die Sicherheit und die Souveränität im Auftritt; alle Musikanten wissen immer, was kommt und wie die Anfänge klingen; sie sind auch in der Lage, mal einen Marsch auswendig zu spielen, ein Volkslied zu singen statt instrumental wiederzugeben oder mit einfachen Begleitakkorden als Chor statt mit ihrem Instrument eine Solistin zu unterstützen.
All dies bringt Farbe, Abwechslung, Spannung, Kreativität und Engagement auf die Bühne und es gelingt, das Publikum zu begeistern und jene magischen Momente zu erzeugen, von denen man lange danach noch schwärmt.
Flexible Stadtmusik Huttwil
Auf eine eindrückliche Art und Weise hat Christoph Walter Einblick in seine «Werkstatt» gegeben, und die Stadtmusik Huttwil hat unglaublich flexibel und engagiert mitgewirkt. In einem abschliessenden, öffentlichen Kurzkonzert unter der Leitung des Dozenten konnte man erleben, was gekonnt dargebotene Unterhaltungsmusik bewirken kann: Gemütszustände von stiller Zufriedenheit bis Euphorie, Glück, Dankbarkeit und gewiss ein Lächeln beim Verlassen des Konzertsaals.
Ein riesiges, herzliches Dankeschön an Christoph Walter, die Stadtmusik Huttwil und an ihren Dirigenten Urs Heri, welcher das Konzert seriös vorbereitet hatte und dann zum Abschluss mit «seinem» Verein noch eine Reihe von mitreissenden Zugaben präsentierte.
Ernst May