Probenbesuche
“Jetzt sind sie alle hier”
Seit 2008 leitet Pascal Schafer die Stadtmusik Biel. Ein Verein mit vielen jungen Mitgliedern. Sieben BDV-Mitglieder folgten dem Aufruf, in eine Probe hineinzusitzen.
Der Schweizer Blasmusik-Dirigentenverband BDV führt seit rund vier Jahren regelmässig Probenbesuche durch. Ziel ist, bei einem bekannten Dirigenten oder einer Dirigentin eine ganz normale Probe zu besuchen. Der letzte Anlass des Jahres 2024 fand ausgerechnet am Vorabend vor der Ankündigung statt, dass das Eidgenössische Musikfest 2026 in Biel stattfinden soll.
Pascal Schafer ist der Start einer Musikprobe enorm wichtig. So sagt er über seine Bläserinnen und Schlagzeuger: “Sie kommen von der Arbeit und sind unruhig. Ich muss sie zuerst abholen. Deshalb sollen sie nicht wissen, was ich genau mache beim Einspielen.” Zudem will er Stabilität in den Verein bringen, bevor es mit der eigentlichen Probearbeit beginnt.
Was die leeren Stühle bedeuten
Bei unserem Besuch erklärt er dem Publikum immer wieder, wieso er etwas konkret macht. Im Kreis hat es leere Stühle, damit die Dirigenten sich ebenfalls ins Orchester setzen können und den Dirigenten nicht nur von hinten oder von vorne wahrnehmen, sondern auch mitten aus dem Orchester. An der Probe wird durchwegs Hochdeutsch gesprochen, weil es auch einige französischsprachige Mitglieder hat. Schafer freut sich sichtlich über den Besuch und die Gespräche, denn er findet, dass man von jedem Dirigenten etwas lernen kann.
Zum Einspielen ist klingend F angesagt. Es beginnt mit einer Tonleiter in Fermaten. Auf eine Übung zur Dynamik folgt ein Rhythmus, bevor das Lied Bruder Jakob auswendig gespielt wird. Danach stimmt Schafer den letzten Ton aus, nachher wird das Lied gesungen. “Versucht eine Phrase zu singen, nicht nur Töne”, merkt Schafer an. Dann wird das Lied als Kanon gesungen. Er versuche, dass die Mitglieder über die Ohren arbeiten müssen, erklärt Schafer den anwesenden Dirigenten.
Einen Halbton tiefer
Spannend wird es nach der Aufforderung, das Lied einen Halbton tiefer zu spielen – “jetzt sind sie alle hier”, kommentiert Schafer den leicht missglückten ersten Versuch. Und siehe da: Bereits beim zweiten Mal klappt es.
Nun wird das Stück Harlequin von Franco Cesarini geprobt – eine Auftragskomposition des Schweizer Blasmusik-Dirigentenverbands BDV für seinen Kongress 1995 in Luzern. Da es die erste Gesamtprobe nach mehreren Proben mit dem halben Orchester ist, lässt Schafer viel spielen. Er bringt zwei, drei Korrekturen an und geht dann weiter, damit es den Mitgliedern nicht langweilig wird.
Der Unterschied
Und er verrät den Dirigenten im Publikum auch, dass er beim Proben anzählt, bei einem geplanten Durchspiel jedoch direkt beginnt. Pädagogisch sei der mittlere Teil der Probe am wichtigsten und effizientesten. Denn da sind die Bläserinnen und Bläser bereit, aber noch nicht ermüdet.
Nun geht es um das anspruchsvolle Werk “Duende” von Louis Serrano Alarcon. Schafer will einige Stellen exemplarisch üben und hofft, “dass sie den Rest üben und es das nächste Mal geht.” Denn wenn er jetzt mit den Anforderungen übertreibe, “stecken sie den Kopf in den Sand”. Der Gesamtüberblick ist ihm beim abschliessenden Durchspiel besonders wichtig.
Mental arbeiten
Im letzten Werk (“The Icredibles” von Takashi Hoshide) wird immer wieder rhythmisch und singend gearbeitet. Schafer: “Indem wir uns mental mit dem Werk auseinandersetzen, sind wir konzentrierter und ermüden weniger.”
Pascal Schafer beendet die Probe pünktlich mit der Aussage: “Ich hatte Spass – Ihr hoffentlich auch.”
Das ist tatsächlich so und deshalb ging es weiter an ein Apéro – gespendet von einem Bläser, der seit 30 Jahren Mitglied der Stadtmusik Biel war. Herzlichen Dank!
Der BDV bedankt sich bei der Stadtmusik Biel für die Möglichkeit des Probenbesuchs und wünscht dem Verein ein tolles Jahreskonzert Ende Januar!